Benedikt Heger, Wiener Umweltanwaltschaft

Mein heutiger Blog widmet sich einem für mich sehr persönlichen Thema: Dem Naturschutz und seine für mich oftmals enge Bindung an die Erlebnisse meiner Kindheit.

Als geborener Salzburger wuchs ich zwischen den hohen Bergen der Pinzgauer Alpen auf und lernte die Welt um mich herum zumeist in meinen Bergschuhen kennen. Durch die vielen Wanderungen mit meinen Eltern und Freunden habe ich alpen1 kleindie Bergwelt der Alpen in allen Variationen erlebt. Auf den eisigen Gletschern, windgepeitschten Gipfeln und mäandernden Wanderwegen konnte ich dabei auch manche seltene Art kennenlernen.

In meiner neuen Heimat, Wien, fand ich immer wieder Bezüge zu diesen Raritäten der Alpen, welche meine alte und neue Heimat miteinander verknüpfen. Sei es nun durch Forschungsprojekte meiner Universität, Artenschutzprogramme oder sogar Gesetzestexte: die Berge meiner Kindheit und ihre Bewohner begleiteten mich auch in meine neue Lebensphase im Osten Österreichs.

Drei dieser besonderen Arten möchte ich heute vorstellen:

alpen3 kleinDer Schneesperling

Der seltenste unter den heimischen Sperlingen ist zugleich auch der größte Vogel unserer drei heimischen Sperlingsarten. Aufgrund seiner Anpassung an die extremen Lebensräume der Alpen befindet sich der Schneesperling, im Gegensatz zu seinen Verwandten, aber meistens nur in Gebieten über 2000 Höhenmeter.

Angepasst an die hochalpine Lebensweise, können Schneesperlinge aber auch weit jenseits von 3000 Höhenmetern vorkommen. Wer diese alpinen Vögel beobachten möchte, kann beispielsweise in der Gegend des Großglockners die Augen nach ihnen offenhalten.

Tatsächlich zu entdecken sind Schneesperlinge aber mitunter sehr schwer: Ihr Tarnfederkleid erfüllt seine Rolle perfekt und ist mit seinen Grau-, Braun- und Weißtönen genau auf den kahlen Lebensraum alpen2 klein der Vögel abgestimmt. Die durch die Klimakrise bedingte Gletscherschmelze wird auch für den Schneesperling zunehmend zum Problem, sind die seltenen Vögel doch direkt von jenem Wasser abhängig, das die Eisriesen jeden Frühling verlieren. Denn dieses Gletscherwasser speist die karge Bergvegetation, welche die primäre Nahrungsquelle der Schneesperlinge darstellt.

Obwohl der Schneesperling in Wien nicht vorkommt, gibt es trotzdem einen Bezug zu unserer Hauptstadt: An der Universität für Bodenkultur Wien beschäftigt sich die Arbeitsgruppe Ornithologie in Kooperation mit dem europaweiten „Snowfinch-Project“ mit der Erforschung der dramatischen Klimawandelauswirkungen auf Arten in höhergelegenen Habitaten. Der Schneesperling dient hierbei als Model für ähnliche Arten und liefert uns so allgemein anwendbare Erkenntnisse, welche dem angewandten Naturschutz zugutekommen können.

Die wunderschönen Bilder der Schneesperlinge stammen von Frau Anne-Cathérine Gutzwiller. Weitere Informationen zu den Projekten mit diesen interessanten Tieren finden Sie unter Snowfinch – European Snowfinch Group und Arbeitsgruppe "Vogelökologie".

Der Bartgeier

alpen5 kleinDie schroffen Gebirgszüge der Alpen sind die Heimat eines der größten Greifvögel Europas: Dem Bartgeier. Diese imposanten Tiere verfügen über eine Flügelspannweite von bis zu drei Metern und ernähren sich hauptsächlich von Knochen. Einen solchen zu verschlingen ist aber gar nicht so einfach. Aus diesem Grund verfügen die großen Geier über eine sehr potente Magensäure, welche sie Knochenstücke von bis zu 30 cm innerhalb kürzester Zeit verdauen lässt.

Einen Bartgeier erkennt man im Flug ganz leicht an den diamantförmig angeordneten Schwanzfedern. Während juvenile Bartgeier eine dunkle Färbung aufweisen, sind adulte Bartgeier deutlich orange eingefärbt. Die Tiere baden nämlich ihre weißen Federn in roten Eisen-Oxid-Lacken, welche sie im Gebirge finden. Über die Frage, warum sie das tun, scheiden sich die Geister: Von hygienischen antibakteriellen Vorteilen bis zum simplen Anzeigen der Geschlechtsreife, gibt es zahllose Theorien.

Im 19. und 20. Jahrhundert waren die imposanten Tiere aufgrund ihrer Größe und Neugier schnell der Fokus zahlreicher Schauergeschichten. Ganze Scharen von Jungtieren und sogar Kinder sollen die eigentlich sehr friedfertigen Tiere entführt haben! Die Menschen begannen die Tiere zu fürchten. Dieser Aberglaube führte im 20. Jahrhundert schlussendlich dazu, dass die Tiere im Alpenraum bis zur Ausrottung bejagt wurden. Erst Jahre später erfuhren die Menschen, wie sehr sie sich in diesen Tieren getäuscht hatten, denn Bartgeier sind in der Regel sehr friedfertige Aasfresser. Erst durch Wiederansiedelungsprojekte in Österreich, Frankreich und der Schweiz konnten die Bartgeier die Alpen wieder teilweise für sich gewinnen. Nach wie vor zählt der Bartgeier aber zu den seltensten Vögeln Europas.

Auch Wien hat hier wieder einen ganz starken Bezug zu diesen Tieren. Ein Brutpaar der seltenen Vögel im Tiergarten Schönbrunn half tatkräftig bei der Aufzucht junger Bartgeier, welche in Folge freigelassen werden konnten. Auch hier soll alpen4 kleinmit einem neuen Brutpaar in Zukunft der stete Nachwuchs für den Alpenbogen gesichert werden.

Die Zukunft des Bartgeiers scheint also wieder besser zu sein, doch ist trotz alledem noch sehr viel Arbeit zu leisten, um eine stabile und genetisch diverse Population des Alpenbogens zu sichern. Der Abbau von Vorurteilen und das Unterbinden von illegaler Bejagung, sind nur einige Punkte die hier zu schaffen sind.

Wer nun neugierig geworden ist, kann die Tiere gerne selbst kennenlernen. Im Krumltal, ein Seitental des Rauriser Tals in Salzburg, kann man entweder selbst oder zusammen mit geschulten Ranger*innen des Nationalparks Hohe Tauern die faszinierenden Geier beobachten. Fällt der Schatten eines Bartgeiers dabei auf einen, darf man sich freuen - im persischen Raum wurde dies nämlich als Omen für ein glückliches und selbstbestimmtes Leben gesehen.

Das Edelweiß

alpen6 kleinDen Abschluss meines Blogs soll eine mystische Pflanze bilden: Das Edelweiß. Auch um diese wunderschöne Alpenpflanze ranken sich zahlreiche Legenden und Sagen. Es gilt durch seine ausdauernde Lebensweise von jeher als Symbol für Unsterblichkeit und Mut. So mancher Jüngling soll beim Versuch, seiner Herzensdame als Zeichen seiner Liebe ein Edelweiß bringen zu wollen, in den steilen Hängen der Alpen verunglückt sein.

Die Faszination für das Edelweiß ist gut verständlich! Die Pflanze ist perfekt an die widrigsten Bedingungen der hohen Berge angepasst: Dicke behaarte Blütenblätter schützen die Pflanze vor extremen Temperaturen sowie UV-Strahlung und geben ihr ein einzigartiges Aussehen. So geschützt ist das Edelweiß auch oftmals noch direkt vor Gletscherzungen zu finden.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es jedes Mal wieder etwas Besonderes ist, ein Edelweiß in den Bergen zu finden. Wichtig hierbei ist sich von der Freude nicht verleiten zu lassen und sich gar eines zu pflücken!

Das Edelweiß ist seit über hundert Jahren streng geschützt. Beschlossen durch das Land Salzburg wurde die Pflanze aufgrund systematischer Plünderungen nämlich erstmals 1886 gesetzlich unter Schutz gestellt. Diese in Österreich bahnbrechende Regelung zum Schutz einer Art, zusammen mit ähnlichen Verboten aus der Schweiz, legte in Europa die Basis für die Naturschutzgesetze des 20. Jahrhunderts und findet sich im Geiste auch in den heutigen Naturschutz-Gesetzen und Verordnungen Wiens wieder.

Dieser Gedanke, die Natur als wertvolle Ressource vor negativen menschlichen Einflüssen zu schützen, wurde mit der Zeit immer weiterentwickelt und hat vom Schutz einzelner Pflanzen und Tiere hin zu einem ganzheitlichen Schutz von Habitaten und Landschaften geführt. Somit war das Edelweiß nicht nur in seinem Lebensraum ein Pionier, sondern wohl auch in unseren Gesetzestexten.

© Fotos: Benedikt Heger, Schneesperlinge: Anne-Cathérine Gutzwiller

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