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Schwere Stör- und Zwischenfälle

Die Katastrophe im Kernkraftwerk (KKW) Tschernobyl von 1986 ist unvergleichbar. Mehr als einmal wurde das KKW von einem schweren Ereignis heimgesucht. Zu den schwerwiegendsten Unfällen zählen folgende Ereignisse:

  • Am 1. September 1982 wird das zentrale Brennelement von Block eins durch Überhitzung zerstört. Zu dieser Zeit war der Katastrophenblock vier noch in Bau. Der Unfall geht auf einen Bedienungsfehler des Betriebspersonals zurück. Erhebliche radioaktive Freisetzungen waren die Folge. Radioaktive Gase wie Jod, Krypton und Xenon sowie leicht flüchtige Stoffe wie Tellur und Cäsium entwichen in die Umwelt. Sie zogen über das Kraftwerksgelände, das angrenzende Industriegebiet und Teile der Stadt Pripjat. Während der Beseitigung des Schadens (der zerstörte Brennstoffkanal musste ersetzt werden) setzten sich die Techniker/innen unzulässig hohen Strahlendosen aus.
  • In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 ereignet sich in Block vier die bisher schwerste Nuklearkatastrophe in der zivilen Geschichte der Kernenergienutzung. Bei einem Sicherheitsexperiment wird ein Großteil der Sicherheitssysteme abgeschaltet. Das Personal verliert die Kontrolle über den Reaktor. Es kommt zu einer prompten Kritikalität. Mehrere dicht aufeinander folgende Dampfexplosionen zerstören den Reaktor und das Gebäude fast vollständig. Die Graphitblöcke, die bei diesem Reaktortyp als Moderatoren dienen, sind unter bestimmten Bedingungen brennbar. Sie führten zu einer starken Feuerentwicklung. Fast alle leicht flüchtigen radioaktiven Bestandteile (vor allem Jod, Tellur, Tritium und Cäsium) und ein großer Teil der festen radioaktiven Bestandteile (Strontium, Kobalt, Plutonium unter anderem), wurden in die Umwelt freigesetzt. Es handelte sich um eine Gesamtaktivität von etwa 300 Millionen Curie. Bei den unmittelbaren Schadensbegrenzungsmaßnahmen starben 28 Menschen durch Verbrennungen und Strahlenschädigung. Weitere drei starben kurz darauf. Eine Sperrzone mit einem Radius von 30 Kilometer um das Kraftwerk wurde in den Tagen nach der Katastrophe aufgrund radioaktiver Verseuchung evakuiert. Bisher wurde diese nicht wieder besiedelt.
    Bei den Katastrophenschutzmaßnahmen und den großflächigen Entseuchungsaktionen wirkten mehr als 600.000 Liquidator/innen zusammen. Viele der Liquidator/innen und Spezialist/innen wurden eingeflogen, um - aufgrund der hohen Strahlung - nur wenige Minuten am Ort der Katastrophe zu arbeiten. Manche von ihnen erlitten trotzdem Schädigungen durch zu hohe absorbierte Dosen. Zu den Beeinträchtigungen zählen Symptome der Strahlenkrankheit bis hin zum unmittelbaren Tod, Krebs, strahlenbedingte Depressionen, Entwicklung von Allergien und Schäden am Erbgut. In den Monaten Mai bis Oktober 1986 wurde ein künstlicher Einschluss mit der Bezeichnung Sarkophag um den havarierten (zerstörten) Reaktor errichtet. Der Sarkophag besteht aus 250.000 Tonnen Beton, Blei und Stahl. Er soll eine weitere Vertragung radioaktiver Stoffe aus dem Reaktor verhindern. Große Teile Weißrusslands, der Ukraine und Russlands wurden mit radioaktiven Niederschlägen kontaminiert (verseucht). Die Umsiedlungen betrafen mehrere 100.000 Menschen. In Gebieten mit deutlich erhöhter Strahlung leben heute zirka fünf Millionen Menschen. Die Fälle von Schilddrüsenkrebs bei Kindern und Jugendlichen in den besonders belasteten Gebieten stieg teilweise um das mehr als 100-fache. Bisher (Stand: 2003) entwickelten etwa 1.000 Kinder Schilddrüsenkarzinome, die auf Tschernobyl zurückzuführen sind. Bei den anderen Krebsarten lassen sich keine statistischen Häufungen nachweisen. Wie sich die langzeitliche Akkumulation dieser Dosis auf die Gesundheit der Bevölkerung, das psychische Wohlbefinden und das Auftreten von Erbkrankheiten auswirkt, ist nicht bekannt. Nur in wenigen Fällen lässt sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Tschernobyl und einer Erkrankung feststellen, selbst wenn dieser Zusammenhang gegeben ist. Die medizinischen Vergleichsstudien werden durch zusätzliche Faktoren erschwert. Dazu zählt die schlechtere Versorgungssituation in der Ukraine nach dem Ende der Sowjetunion. Weitere Faktoren sind die veränderte Lebensweise oder mangelnde Zukunftsperspektiven bei sozialer Unsicherheit.
  • Im Herbst 1991 kam es in Block 2 zu einem schweren Brand im Maschinenhaus. Das Dach stürzte teilweise ein. Einer der beiden Generatoren wurde stark beschädigt. Nach Kostenabschätzungen für die notwendigen Reparaturen wurde der Block nicht wieder rekonstruiert. In Block 2 bestand darüber hinaus ein Leck im Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente. Es wird vermutet, dass durch diesen Schaden auch kleinere Mengen an Radionukliden in die Umwelt austraten.

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